Heute vor einem Jahr bin ich von meinem letzten Aufenthalt auf Kreta nach Wien zurückgekommen. Ich erinnere mich an die meisten Erlebnisse, die ich in dieser Zeit auf Kreta erlebt habe, wie wenn sie gestern passiert wären.
Eigentlich sollte ich zu dieser Zeit bereits mit meinem damaligen Partner nach Kreta gezogen sein. Doch stattdessen kam die Trennung. So bin ich mit sehr geteilten Gefühlen nach Kreta geflogen. Die Erinnerungen, die ich von meinen letzten Aufenthalten hatte, waren Großteils deprimierend und ernüchternd. Dennoch zog es mich wieder hin. Und zwar genau deshalb, weil mir die Monate vor und die Monate nach der Trennung erst einiges so richtig bewusst geworden ist. Vor allem, dass ich mich für Straßentiere einsetzen will.
Ich bin schon immer eine Tierfreundin gewesen – und da ich mit Katzen aufgewachsen bin, haben sie es mir besonders angetan. Sie waren und sind meine besten Freunde. Seit klein auf waren sie um mich, wir schmusten, spielten – und in Zeiten, wo es mir schlecht ging und ich mit niemandem darüber redete, waren dennoch unsere Katzen immer da.
Ich kannte die – häufig miserablen – Zustände nicht, unter denen viele Straßenkatzen auf Kreta ihr Dasein fristen. Manche haben Glück und haben sogar ein richtig schönes Leben. Vor allem im Sommer scheint es so, als hätten die meisten es gar nicht so schlecht erwischt. Doch in Wahrheit leben die meisten Straßenkatzen nicht länger wie ein paar Saisonen – und selbst in dieser kurzen Zeit durchleben sie Krankheiten, kämpfen mit Hunger, werden schlecht behandelt und zu guter Letzt werden sie von Autos überrollt oder vergiftet. Ich konnte von Anfang an nicht wegschauen und wollte den Katzen helfen. Doch ich war wie ohnmächtig. Ich wusste mir nicht zu helfen. Die Situation stimmte mich sehr traurig. Die Aufenthalte auf Kreta hatten immer einen negativen Beigeschmack.
Dies führte mich dazu, mich zu erkundigen, ob es denn keine offiziellen Stellen auf Kreta gibt, die sich um Straßentiere kümmern. Viel zu wenige für die Massen an Straßentieren – aber doch – es gibt sie. Und so kam ich zu APAL, der Straßentier-Organisation, die ich eben im November letzten Jahres wiederbesuchte. Während der Mitarbeit bei APAL erlebte ich in diesen kurzen Wochen schon relativ viel. Das was mir am tiefsten im Gedächtnis hängen geblieben ist, ist eindeutig der Tag, an dem die Massenkastration in Rethymnon stattfand.
Mir war einerseits mulmig zumute, wie ich die vielen, mageren, häufig kranken und zerzausten Katzen auf einen Fleck sah, die nach und nach in Narkose gelegt wurden. Das Gefühl, das dabei am schwersten für mich auszuhalten war jenes, nicht zu wissen, welches Schicksal den Katzen erblühen würde. Denn die meisten Katzen werden wieder an der Stelle ausgesetzt, wo sie eingefangen wurden. Nur die, denen ein Überleben auf der Straße absolut nicht mehr zugetraut wird, weil sie bereits halb blind oder verletzt sind, werden zu – im Regelfall schon bis aufs Letzte ausgelastetete – Sanctuaries gebracht. Zugleich war ich zugleich zutiefst dankbar darüber, dass es Menschen gibt, die sich für die Katzen einsetzen. Alle Beteiligten erbringen Höchstleistungen – physisch und psychisch.
Auch abgesehen von den Erlebnissen bei APAL lernte ich Kreta neu kennen. Ich war nun alleine dort – ohne meinen Ex-Freund. Ich überwand mich und borgte mir ein Leihauto aus, obwohl Autofahren für mich eine riesen Überwindung ist. Doch auf Kreta geht es nicht anders. Und so ging es doch irgendwie – mit ein paar Hoppalas inklusive – aber es ging. Mein Erleben der Insel war ein ganz anderes, wie die anderen Male. Ich fühlte mich selbständig, frei – und vor allem nicht mehr ohnmächtig.
Und dieses Gefühl und das Wissen, dass so viel mehr möglich ist, wenn man an etwas glaubt und auch mit Herz und Tatendrang daran arbeitet, um es möglich zu machen, stärkt. Man muss nicht zuschauen – oder wegschauen. Man kann etwas tun – man hat Möglichkeiten. Und diese Einstellung treibt an. Sie gibt Kraft. Die Ohnmacht wird zur Eigenmacht. Die Hoffnung lebt.
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